Rezension

Kurt Grützner/ Wolfgang Gröger/ Claudia Kiehn/ Werner Schiewek (Hg.)
Handbuch Polizeiseelsorge
Vadenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012,
2. aktualisierte Auflage, 288 S., gebunden, 59,99 €


Das besprochene Buch möchte umfassend über das Selbstverständnis und die Arbeit der evangelischen Polizeiseelsorge in Deutschland informieren. In seinem Umfang bleibt es dabei erfreulich überschaubar. Die AutorInnen verwenden durchgängig eine sehr verständliche Sprache, die nah an der Praxis der Seelsorge bleibt. Sie können alle aus eigener Erfahrung als PolizeiseelsorgerIn sprechen.

Das Buch besteht aus drei Teilen. Der erste stellt in mehreren Einzelartikeln die geschichtliche und geistliche Grundlage der Polizeiseelsorge dar. Es wird z.B. ein kurzer aber prägnanter Eindruck vom Blick der Seelsorge auf die Polizei vermittelt. Die Geisteshaltung der Polizei wird dabei äußerst treffend beschrieben, wobei sie stets mit Wohlwollen betrachtet wird. Die Kürze der Texte wird durch Verweise auf vertiefende Literatur ausgeglichen.

Im zweiten Teil werden nacheinander die Arbeitsfelder der Polizeiseelsorge kurz und praxisnah beschrieben. Dabei dient immer ein praktisches Beispiel als Einstieg in die Auseinandersetzung. Dennoch bleiben die AutorInnen eine theoretische Reflexion nicht schuldig. So ist das Buch eine bodenständige Orientierungshilfe, die auch konkrete Vorschläge für die Praxis anbietet. Im Artikel Gottesdienste bei der Polizei erhält man z.B. auch Hilfen für Gottesdienste im polizeilichen Umfeld.

Doch das Buch blickt auch über polizeiliche Grenzen hinaus. Im Artikel über Seelsorge im Kontext von Partnerschaft und Familie werden die möglichen Auswirkungen des Polizeidienstes auf das Privatleben und sich daraus ergebende Seelsorgefelder betrachtet. Die Autorin bietet dabei eine theologische Reflexion, die sich aufgrund der fehlenden christlichen Sozialisation vieler PolizeibeamtInnen aus der Praxis nicht unmittelbar entnehmen lässt. Dadurch wird deutlich, dass sich christliche Arbeit auch auf nicht-kirchliche Orte wie die Polizei erstrecken sollte.

Im dritten Teil des Buches findet man kirchliche und rechtliche Grundlagentexte der Polizeiseelsorge, die das Handbuch komplettieren. Dabei werden jedoch nur repäsentative Beispieltexte zitiert. Darüber hinaus sind Internet-Seiten angegeben, auf denen sich alle Texte ungekürzt finden lassen. Dadurch erhält man einen guten Einblick in diesen Bereich, ohne dass der Umfang des Buches unnötig ausgeweitet wird.

Lesenswert ist das Buch aufgrund seiner speziellen Thematik für alle, die in der Polizeiseelsorge tätig sind oder tätig werden wollen sowie für LeserInnen, die sich über diesen Bereich verlässlich informieren möchten. Unverständlich bleibt, wieso in einem Buch über Polizeiseelsorge, die aufgrund der Glaubenssituation vieler PolizistInnen fast nicht mehr konfessionell geprägt sein kann, der ökumenische Aspekt, der in der Praxis eine immer größere Rolle spielt, beinahe völlig außer Acht gelassen wird.

Ulf Günnewig

Deutsches Pfarrerblatt 4/ 2007
 


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